2019 „40-jähriges Jubiläum sowie Neuwahlen der kompletten Landesvorstandschaft Bayern in Würzburg
Unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Christian Schuchardt fand am 18. Oktober 2019 wieder der turnusmäßige Landesverbandstag der VLK Bayern zum 40-jährigen Jubiläum sowie Neuwahlen der Landesvorstandschaft in Würzburg statt. Die hohe Teilnehmerzahl von 290 Besuchern, dürfte neben der grandiosen Tagungs-Location auch mit dem kompletten Abtreten der gesamten ehemaligen, langjährigen Landesvorstandschaft zu tun gehabt haben. Deren Ausscheiden entfaltetesomiteine gewisse „Sogwirkung“ an Interesse bei den Mitgliedern. Diese hatte den Verband jahrelang in maßgeblicher Weise geprägt und zu dem gemacht, was er aktuell ist. Weitere Informationen dazu folgen.
Für Mitglieder, die bereits vorher angereist waren, hatte sich Werner Fink vom Bezirksverband Unterfranken etwas Besonderes einfallen lassen, was gleichsam die geschichtliche sowie fränkische Weinbaukultur unterstrich und eine gelungene Einleitung aufdie noch kommende Veranstaltung darstellte. Auch hier war die erwartete Teilnehmerzahl deutlich höher als geplant –und das am Vortag. Somit startete die Veranstaltung genau genommen am Donnerstag, den 17.10.2019 mit einer Weinkellerführung durch das bereits vor 440 Jahren von Julius Echter gegründete Juliusspital. Was ein Spital (Krankenhaus) mit einem Weingut gemein hat? Die Franken verstanden es schon früher, Alkohol „maßvoll“ als Therapeutikum einzusetzen und somit war die Verbindung sowie logistische Nachschub-und Qualitätssicherung schnell mit Sinn erfüllt! Auch bei der Führung blieben die konsumierten Mengen, welche eine sensorisch-kulinarische Zielsetzung hattenim Rahmen, sodass die Aufmerksamkeit für das Wesentliche gesichert blieb.
Start war der herrschaftlich angelegte Innenhof, hier wurden durch Herrn Apel, der die Führung leitete, zunächst bauhistorische als auch gründungsgeschichtliche Aspekte näher gebracht. Dem Warenfluss folgendüber die Traubenannahme, Tanklager und Reifebereichmit Logistikhalle sowie den unterirdischen Teil, mit über 100 Jahren bestehenden und rustikal anmutenden Holzfässern ging es dann weiter. Mit einer Länge von 200 Metern, beherbergt dieser nebenbei den größten Holzfassbestand Deutschlands, was für „Weißweinlagerung“ ebenfalls als Alleinstellungsmerkmalgilt. Insgesamt konnte sich somit der Besucher neben einem Gläschen Wein und herzhaftem Gebäck einen Eindruck über dessen Güte und Geschmack machen. Der Abend wurde dann noch mit einem kleinen Warm-Up im „WürzburgerHofbräukeller“ abgerundet.
Am 18.10.2019 war es in Würzburg dann soweit. Mit derauf einer Anhöhe gelegenen„Festung Marienberg“ mit imposantem Blick auf Umland und deren Weinberge,sollte eine mehr als gelungene Veranstaltung eingeläutet werden.
Bereits gegen acht Uhr machte sich ein reger Andrang bemerkbar, hierunter auch Kollegen aus der Schweiz, Österreich und anderen Bundesländern, woraus sich eine gewisse proaktive Vernetzungsentwicklung und gegenseitige Wertschätzung über Ländergrenzen hinweg ableiten ließ.
Bei Kaffee und Kuchen im Foyer konnten sich die Besucher zunächst austauschen und hierbei alte sowieneue Gesichter (darunter auch zahlreiche Pensionisten) wiedersehen, was ein sehr erfreuliches Zeichen dafür darstellen dürfte, dass selbst „nach“ Dienstende noch immer Interesse am eigenen Berufsstand besteht und essentielles Wissen nicht von heute auf morgen abgewandert ist.
Nach einer kurzen Festansprache durch den Landesvorsitzenden Michael Förtsch, welcher den Kooperationspartnern und Organisatoren (Miriam Endres, Domenica Lichtenstern, Werner Fink, Marco Helbing, Roland Schwarz) dankte, wurde kurz der bevorstehende Tagesablauf skizziert und an die Teilnehmer appelliert, die Fachausstellung sowie den anschließenden Fortbildungsteil zur Produktanalyse, Informations-und Erfahrungsaustausch zu nutzen. Wie nicht anders zu erwarten, war ein schneller Dialog zwischen den Kontrolleuren, Referenten und Ausstellern festzustellen.
Die Laufzettelaktion förderte die interaktive Kommunikation zwischen Wirtschaft und Behörde sowiederen gegenseitiges Verständnis und somit zielführende Zusammenarbeit.Nach Anmoderation durch den aktuellen Landeschatzmeister Thomas Simon startete gegen 09:15 Uhrdie Fortbildungsveranstaltung.
Dr. Ulrich Busch vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) referierte zu dem Thema „Food Fraud (Lebensmittelbetrug) -Aktuelle Aspekte sowie Beispiele aus der Praxis“.Dr.UlrichBusch gab den Zuhörern zunächst einen Einblick in die aktuellen Bestrebungen der EU zur Aufdeckung und Bekämpfung von Lebensmittelbetrug. Hierunter zählen z.B. die Einrichtung eines EU Food-FraudNetzwerks, Entwicklung eines speziellen IT Meldesystems, Organisation von speziellen Schulungen, für u.a. Lebensmittelkontrolleure, Koordinierte Kontrollpläne auf EU Ebene sowie Novellierung der Kontroll-Verordnung (EU) 2017/625. Dr. Busch verwies bei allen Bestrebungen der EU jedoch darauf, dass sich bei einem quantitativem Vergleich zur Vorgängerverordnung feststellen lässt, dass diese leider auch deutlich umfangreicher und somit komplexer geworden ist, was deren Anwendung für die Überwachung sicher nicht leichter macht. Ein Paradoxon zu den ganzen Gegeninitiativen hingegen stellt die Erkenntnis dar, dass es 260 mal wahrscheinlicher ist, an einer Grippeerkrankung zu sterben, als aufgrund von nicht sicheren Lebensmitteln. In Anbetracht von Motorenöl in Speiseöl, Melamin in Milchpulver und Glykol im Wein und der immer komplexer werdenden Warenströme besteht ein geringes Risiko Aufzufallen. Jedoch ist dies eine nicht aus den Augen zu verlierende Thematik, welche die Lebensmittelüberwachung zunehmend beschäftigen wird. Zurselben Erkenntnis kommt auch der Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe: „Fälle, in denen auf kriminellem Weg mit Lebensmitteln und Futtermitteln finanzielle Vorteile erstrebt werden, erlangen zunehmend an Bedeutung, insbesondere im globalen Markt“. Für die Überwachung der aktuellen Situation wird bereits schon jetzt der Markt mittels „Horizon-Scanning“ analysiert, was es den Kontrollorganen ermöglichen soll, prospektiv Gefahren zu erkennen, um dann risikoorientiert reagieren zu können. Unter Horizon-Scanning versteht man ein systematisches Monitoring bekannter Trends (z.B. Warenströme & Preistendenzen) als auch die Identifikation ganz neuer, relevanter Entwicklungen in einem bestimmten Scanfeld.
Der nächste Vortrag, referiert von Dr. Ute Messelhäußer, vom bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, startete zum Thema „Zoonosen -Aktuelle Aspekte sowie Beispiele aus der Praxis“.
Dr. Messelhäußer erläuterte zunächst den Begriff der Zoonosen.Zoonosen sind sämtlicheKrankheiten und/oder sämtliche Infektionen, die auf natürlichem Weg, direkt oder indirekt (z.B. via Lebensmittel) zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können. Mit 75% bzw. jährlich 315`000 Erkrankungen kann dies als zweifelsohne erhebliche und weitverbreitete Bedrohung für die öffentliche Gesundheit angesehen werden, weshalb die VO (EG) Nr. 2073/2005 gemäß Anh. I Kap. I auch diverse Regularien und damit einhergehend restriktive Maßnahmen vorsieht. Anhand eines aktuellen Beispiels (Salmonellenfundim schockgefrostetem Döner-Drehspieß), welcher ein Gerichtsverfahren anhängig machte, wurde jedoch deutlich gemacht, dass bei juristischer Betrachtung eine restriktive Ahndung -wie sie freilichdenklogisch wünschenswert wäre-nicht ohne Weiteres anwendbar ist. Aktueller Streitpunkt ist daher die Frage, ob der Keimfund „vor“ Fertigstellung des Gerichts als „Lebensmittelsicherheits“-oder eher „Prozesshygienekriterium“ einzustufen und somit das Produkt aus dem Handel zu nehmen wäre, oder durch geeignete Maßnahmen (z.B. Erhitzen) wieder zu einem „sicheren“ Lebensmittel überführt werden kann.
Es liegt noch immer kein finales Ergebnis vor, der Rechtsstreit befindet sich aktuell in der dritten Instanz. Es bleibt spannend.
Nächster Themenpunkt war das Typisierungsverfahren im Rahmen lebensmittelbedingter Ausbruchsgeschehen, welche es ermöglichen, die Pathogenität von Erregern näher zu charakterisieren und Verwandschaftsbeziehungen darzustellen. Seitens der Überwachung erhofft man sich hierdurch ferner eine Bestätigung „geschlossener“ Krankheitsausbrüche und die Aufklärung „offener“, ggf. grenzüberschreitender Ausbruchsgeschehen und stellt daher ein wichtiges Werkzeug in diesem Themenkomplex dar. Anhand zweier Beispiele (Salmonella & Listeria), wurde den Zuhörern das Differenzierungsverfahren, auch „next generation sequencing“(NGS) genannt,näher gebracht.
Abschließend wurden noch die Chancen (Aufklärung komplexer lebensmittelbedingter Ausbruchsgeschehen & Analyse von Eintragsquellen pathogener bzw. potentiell pathogener Erreger in die Lebensmittelbe und -verarbeitung) sowieHerausforderungen (z.B. Ausbruchsaufklärung ausschließlich mittels NGS Daten nicht möglich) erläutert.
Die fundierten Ausführungen von Dr. Ute Messelhäusser zeigen ein weiteres Mal auf, dass auch zukünftig der Lebensmittelüberwachung und Analytik eine zentrale Rolle in der Ermittlung und Bewertung von komplexen Sachverhalten zugunsten eines starken Verbraucherschutzes zukommt.
ThomasSimon wies im Anschluss der Fortbildung und Beisein zahlreicher Mitglieder des Landtages (MdL) noch darauf hin, die Politik über die Komplexität und damit einhergehenden Probleme und Herausforderungen für die Überwachung in Kenntnis zu setzen. Gegen elf Uhr fand dann die Begrüßungund Festansprache durch den Landesvorsitzenden Michael Förtsch sowie Vorstellung der Gäste durch Thomas Simon statt. Das Grußwort ergriff zweite Bürgermeisterin Schäfer-Blake. Anschließend folgten zahlreiche Vertreter der Politik, Behörden, Partnerverbände sowie andere Überwachungsorgane, welche unisono die geleistete Arbeit der bayerischen Kolleginnen und Kollegen würdigten. Anja Tittes –Vorsitzende vom Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure bedankte sich zunächst für die Einladung, Redegelegenheit, gute Zusammenarbeit als auch die ihr entgegengebrachte „bayerische Gemütlichkeit“. Siebetonte in diesem Zusammenhang auch, dass das Leit-Motto „es geht nur gemeinsam“ für die LÜ keine hohlen Phrasen darstellt und der „noch“ aktuelle Landesvorstand unter Führung von Michael Förtsch für sie mittlerweile eine Institution geworden sei, weshalb sie den heutigen Tag mit einem lachenden und einem weinenden Auge verstehe.
Stellvertretend für den erkrankten Ehrenvorsitzenden Karlheinz Hühnlein, gab Michael Förtsch einen kurzen Abriss über dessen Werdegang sowie zurückliegende Verdienste, er richtete diesem seine guten Glückwünsche aus.
Der Tagesordnung folgend ging es dann am frühen Nachmittag mit der Mitgliederversammlung weiter. Neben einer Gedenkminute für die verstorbenen Mitglieder wurden u.a. der Tätigkeits-und Kassenbericht und das Protokoll des Landesverbandstages 2017 in Rednitzhembach genehmigt sowie die Entlastung der Landesvorstandschaft erteilt. Nachdem sich die neuen Kandidaten vorgestellt hatten, kam es sodann zur Einberufung des Wahlvorstandes mit Charly Leibig, Konrad Ettelersowie Hans-Peter Riedmiller. Bei der anschließenden Wahl wurden Alexander Altmann (Landesvorsitzender), Werner Fink, Christian Gösch (stellvertretende Vorsitzende), Bernd Feneberg (Landesschatzmeister) und Frank Stallwitz (Schriftführer) zum neuen Landesvorstand gewählt.
Das Schlusswort durfte nochmal Michael Förtsch ergreifen. Sein primärer Appell galt den jüngeren Kollegen, sich zu engagieren. Zum Schluss sei es wichtig, immer einen Konsens zu finden, auch wenn man nicht einer Meinung zu sein scheint. Er beendete seine Redemit den Worten, „Erfolg geht nur gemeinsam –mit einer Stimme –SERVUS“ !
Den Abschluss bildete die Ernennung von Michael Förtsch zum „Ehrenvorsitzenden“ und von Thomas Simon zum „Ehrenmitglied“, weiterhin die Verabschiedungvon Heinrich Förtsch, Sepp Schweigersowie Josef Gruber, welche mit einem Präsent bedacht wurden.Anschließend durften sich die Mitglieder auf ein Ausklingen im Würzburger Hofbräukeller bei einem gemütlichen Abend und musikalischer Umrahmung durch „die drei Haflinger“ freuen